Unverbissen vegetarisch

…flexitarisch, vegetarisch, vegan? Hauptsache, die Richtung stimmt!

Vom Klima-bewussten Fleischkonsum

Wie bitte? Ein Artikel zum Fleischverzehr in einem Veggi-Blog? Ja, genau! Wer mal auf den Untertitel und das Editorial schaut, sieht, dass es hier nie den Anspruch gab, ausschließlich Vegetariertum oder veganes Leben zu promoten. Statt dessen galt und gilt: „…flexitarisch, vegetarisch, vegan? Hauptsache, die Richtung stimmt!“

Dass die „flexitarische“ Ernährungsweise hier bisher keine Rolle spielte, liegt daran, dass ich dachte: Auch wer nur wenig Fleisch isst („selten und wenn, dann bio“), braucht ja Tipps für die veganen oder vegetarischen Tage. Das stimmt soweit, doch denken mittlerweile immer mehr Menschen kritisch über den eigenen Fleischkonsum nach, die nicht vorhaben, ganz auf Fleisch zu verzichten. Sie möchte ich in Zukunft verstärkt ansprechen. Warum? Ganz einfach: wenn viele deutlich weniger Fleisch konsumieren hat das eine weit größere Wirkung auf Klima und Massentierhaltung als wenn noch 1 bis 2 Prozent mehr Leute Veganer werden.

Flexitarier sind Teilzeitvegetarier – jetzt auch wg. Klima

Laut VEBU (ProVeg) gibt es bereits 42 Millionen „Teilzeitvegetarier“, definiert als Personen, die an mindestens drei Tagen in der Woche kein Fleisch essen. Das klingt viel, wenn man aber bedenkt, dass der Fleischkonsum länger schon bei 60 Kilo/Jahr stagniert, sind es lange nicht genug, bzw. die drei Tage reichen nicht oder sind „geschwindelt“. Zwar feierte die Presse 2019 schon den „Peak Steak„, doch bezieht sich das auf einen Rückgang auf grade mal 59,7 Kilo pro Person und Jahr – wahrlich nicht sehr beeindruckend!

Da sollte noch deutlich mehr gehen! Vor allem rückt derzeit die Klimakrise stärker ins Bewusstsein, was dazu führt, dass „klimabewusste Fleischesser“ nach Wegen suchen, ihren Alltagskonsum von Fleisch tatsächlich zu senken. Wenn ihnen dann aus einschlägigen Blogs und sozialen Medien nur entgegen schallt, sie seien der zu bekämpfende Feind, so lange sie sich nicht zur Null-Diät in Sachen tierischer Produkte bekennen, ist das wenig förderlich fürs Klima und auch nicht fürs Tierwohl.

Den Trend zum Pflanzlichen tragen nicht nur Veganer

Dabei ist komplett vegane Ernährung bis heute nicht wirklich massentauglich. Obwohl „vegan“ in aller Munde zu sein scheint, ernähren sich trotz des Trends noch immer recht wenige streng vegan: Zwar schreibt der Vegetarierbund/VEBU (ProVeg) am 11.1.2029:

„In Deutschland ernähren sich rund 8 Millionen Menschen vegetarisch und 1,3 Millionen Menschen vegan. Täglich kommen laut Schätzungen etwa 2.000 Vegetarierinnen und Vegetarier sowie 200 Veganerinnen und Veganer hinzu.“

Allerdings kann man die Zahlen von ProVeg auch kritisch betrachten, kommt doch die letzte Allensbach-Umfrage über „Personen in Deutschland, die sich selbst als Veganer einordnen oder als Leute, die weitgehend auf tierische Produkte verzichten“ für 2018 auf 0,96 und für 2019 auf nurmehr 0,95 Millionen. Wobei das wohlgemerkt nicht nur „strenge Veganer“ sind, sondern auch solche, die nur „weitgehend“ tierische Produkte vermeiden.

Das Potenzial an Menschen, die aus rein ethischen Gründen (Tierwohl) ganz auf Fleisch und Wurst verzichten, erscheint recht begrenzt zu sein. Statt dessen wird von vielen eine tierfreundlichere Haltung gefordert, für die man auch bereit wäre, deutlich mehr fürs Fleisch zu bezahlen. Aber selbst hier kann man den Umfragen nicht unbedingt glauben, denn viele belügen die Nachfrager und oft auch sich selbst.

Mein persönlicher Eindruck: Das Angebot an vegetarischen und veganen Lebensmitteln (insbesondere Fleischalternativen) in Supermärkten, Imbissen, Restaurants und Cafés ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Allerdings nicht nur, weil es mehr Veganer/Vegetarier gibt, sondern weil immer mehr Menschen sich gelegentlich vegan-vegetarisch ernähren. Und das ist ja auch schon toll!

Wie auch immer: die Klimakrise gibt der Veggie-Ernährung einen Schub! Wer den eigenen CO²-Ausstoß reduzieren will, kommt am Thema Fleisch-Reduzierung nicht vorbei! Dass eine „pflanzen-basierte“ Ernährung auch gesünder ist, sollte den Versuch beflügeln, vom Vorhaben zu Taten zu schreiten.

Lies dazu den Info-reichen Artikel Fleisch: Vom Klimawandel und dem Tellerrand über die Studien des WWF.  Zitat:

„Wenn jeder Bundesbürger nur einmal pro Woche auf Fleisch verzichten würde, könnte das zu einer jährlichen Einsparung von rund neun Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen führen. Das entspricht umgerechnet 75 Milliarden PKW-Kilometern“

kein Fleisch, sondern Seitan

Tierische Lebensmittel und CO²-Emissionen

Zur Motivation hier noch ein Vergleich der CO²-Emissionen tierischer Lebensmittel:

Nahrungsmittel konventionell* ökologisch*
Milch 940 883
Joghurt 1.231 1.159
Quark & Frischkäse 1.929 1.804
Eier 1.931 1.542
Sahne 7.631 7.106
Käse 8.512 7.951
Butter 23.794 22.089



Geflügel 3.508 3.039
Geflügel TK 4.538 4.069
Schwein 3.252 3.039
Schwein TK 4.282 4.069
Rind

13.311

11.374
Rind TK 14.341 12.402

*CO2-Äquivalente in Gramm je Kilogramm Produkt nach Anbauweise

Quelle: Bundesumweltministerium – Klimabilanz für Nahrungsmittel aus konventioneller und ökologischer Landwirtschaft beim Einkauf im Handel / GEMIS 4.4, Ökoinstitut

Für den klimafreundlicheren Fleischkonsum ergeben sich aus diesen (und weiteren von mir gesichteter) Infos ein paar Tipps für die Auswahl – mal vom immer viel besseren Effekt der Reduzierung abgesehen:

  • Lieber Geflügel statt Schwein, am seltensten Rind.
  • Haltung: Besser Bio als konventionell.
  • Besser frisches Fleisch statt Fleisch aus der Tiefkühltruhe.
  • Tiere ganz verwerten, also nicht nur Filet und Hähnchenbrust.
  • Im Winter ist regionales Wild eine gute Alternative.
  • Wer sich’s leisten kann bzw. nur wirklich selten Fleisch isst: Gourmetfleisch von Tieren, die länger gelebt haben und dabei optimal gefüttert und gehalten wurden.

Nun wird man mit der Auswahl alleine keine wirklich drastischen Effekte erzielen. Wer deutlich runter will von den hohen Emissionen, die die Fleischproduktion nun mal mit sich bringt, sollte es mit pflanzlichen Fleischalternativen probieren. Nicht nur einmal, sondern öfter!

Wie anfangen? Zwei Tipps für Reduzierwillige

Nehmen wir also mal an, du gehörst zu den noch immer vielen „ganz normalen Fleisch-Konsumenten“, die sich noch nie ernsthaft mit den Details veganer Alternativen auseinander gesetzt haben. Suchst du im Internet, wirst du von 1001 Tipps und Angeboten überschüttet, für manchen eine Überforderung.

Was die klimafreundlichen Fleischalternativen angeht, hast du vielleicht schon vor ein paar Jahren mal etwas ausprobiert und fandest es geschmacklich oder von der Konsistenz her indiskutabel? An aufwendiges selber Kochen und Zubereiten von Seitan und Soja denkst du erst recht nicht?

Dann gebe ich dir zum Einstieg genau zwei Tipps:

  • Probiere die 2nd-Level-Burger von LIDL aus Erbsenprotein und Pilzen. Und zwar als beeindruckendes Beispiel dafür, wie toll sich Fleischalternativen in den letzten Jahren entwickelt haben. Lies dazu meinen Test und den Hintergrund-Artikel „Was steckt hinter dem Erfolg von Beyond Meat?“ auf Spektrum.de, der u.a. auch den GEsundheitsaspekt beleuchtet.
  • Probiere die einfach herzustellende vegane Leberwurst – du wirst dich wundern, wie nahe sie manchen fleischlichen Leberwürsten kommt. Und natürlich ist sie VIEL gesünder! Mit Senf und einer Essiggurke eine super Alternative zum Wurstbrot!

Und wenn du einem oder beiden Vorschlägen eine Chance gegeben hast: Blogge doch mal drüber oder schreib mir deine Erfahrung in die Kommentare!

Zu diesem Beitrag inspiriert hat mich Horst Gassner mit seinem Blogpost „Klimawandel: wer den Kopf in den Sand steckt, stirbt früher!“ (siehe das dortige Kommentargespräch). Vielleicht hat er ja Lust zu diesem Versuch?

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Wirklich ALLES Wissenswerte rund um Fleisch (Umwelt, Klima, Tierwohl, Gesundheit…) liest du im
FLEISCHATLAS – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel 2018

Im Blitzrechner Fleisch kannst du dein selbst zu wählendes Reduktionspotenzial berechnen lassen.

Autor: Claudia Klinger

Mit weiteren, teils recht persönlichen Themen findet man mich auf meinem seit 1999 aktiven Digital Diary. Und Veggie-News gibts auf Twitter.com/unverbissen. Unverbissen Vegetarisch gibts - noch! - auch auf Facebook,

2 Kommentare

  1. Servus Claudia!

    Danke für den sehr informativen Artikel zu diesem Thema! Sehr interessant auch der Link zum Blitzrechner Fleisch. Die Zahlen können durchaus ein Ansporn sein!

    Es freut mich, dass du meinen Artikel am Ende verlinkt hast – vielen Dank auch dafür!

    Have fun
    Horst

  2. Pingback: Warum ich 2020 nicht nach Sizilien fliege (#OmaGate) › Digital Diary – Claudia Klinger